Samstag, 9. März 2013

Kumbh Mela und die Heilige Stadt


Kumbh Mela ist das größte religiöse Treffen weltweit. Die Massenbäder finden alle 12 Jahre an verschiedenen Orten in Nordindien statt. Letztes Mal nahmen über 70 Millionen Hindus an dem Festival teil, womit es zur größten Menschenzusammenkunft aller Zeiten wurde. In diesen Wochen ist es wieder soweit. 
Grund genug die lange und beschwerliche Reise in den Norden anzutreten. Von Hampi sind wir in einem Nachtbus nach Hyderabad gefahren. Da dort zwei Tage vorher ein Bombenanschlag war, haben wir uns direkt in die zweite Klasse des nächsten Zugs nach Nagpur gequetscht. Da die Sitze und der Boden besetzt waren, haben wir die zehn folgenden Stunden oben auf den Gepäckablagen gehockt. Nach einer Nacht in einem überteuerten und schäbigen Hotelzimmer in den dreckigen Hintergassen von Nagpur, wo es außer zig Motorradgaragen und stark befahrenen Straßen nicht viel zu sehen gibt, gings für 17 Stunden in dem nächsten Bus nach Allahabad. Irgendwo auf diesem Weg, während dieser Stunden in den Bussen und Zügen, habe ich angefangen Indien und die Menschen hier wirklich zu lieben.
Wir haben – nicht zuletzt aufgrund der körperlichen Nähe, zu der einen diese Art zu reisen zwingt - viele nette Bekanntschaften gemacht. Dass wir nicht die gleiche Sprache sprechen, hat die wenigsten davon abgehalten sich unbeirrt und ausgiebig auf Hindi oder einer der anderen Landessprachen mit uns zu unterhalten J
Am Sangam in Allahabad, wo Ganges und Yamuna sich kreuzen,  sind kilometerweit Zelte, kleine Geschäfte mit allem Nötigen und kleine Restaurants aufgebaut worden. Millionen von Menschen haben dort in den letzten Wochen gelebt um an diesem unvorstellbar riesigen, spirituellen Festival teilzunehmen. Obwohl es eine religiöse Angelegenheit ist, herrscht überall eine lockere, freudige Atmosphäre. Beim spirituellen Bad im Ganges wurde viel gesungen, geplanscht und gespielt. Der Weg zum Ufer führte vorbei an einer Schlange leprakranker Menschen, meist auf dreckigen Holzkarren mit Rädern.
Der nächste Halt war Varanasi, die heiligste Stadt Indiens! Millionen von Pilgern füllen auch hier das Labyrinth schmaler Gassen in der Altstadt. Die Wege sind gesäumt von hohen, alten Steinhäusern. In viele sind Nischen eingelassen, sodass es in den schattigen Gassen an jeder Ecke brutzelt und brodelt. Chai und Lassis werden in Tonkrügen serviert, was als besonders rein gilt, da sie nach einmaligem Benutzen weggeschmissen werden – auf den Boden. Zwischen den Menschen tummeln sich Hunde, Katzen, Kühe, Wasserbüffel und Ziegen. Dementsprechend ist auch der Boden ziemlich zugeschissen, sodass man, wenn man in eine große Menschenmenge gerät und sich nur noch eng aneinander gedrückt durch die Gassen bewegen kann, schnell mal in einen Kuhfladen, Müllhaufen oder in eine Betel-Spuck-Pfütze treten kann. 
Unser Guesthouse ist direkt hinter dem Manikarnika Ghat. Dieses Ghat ist besonders beliebt zur Verbrennung der Toten. 24 Stunden am Tag brennen hier die Feuer. Die Verstorbenen werden in Tücher gewickelt, auf Bambusstangen aufgebahrt und schnellen Schritts zum Ghat eskortiert. Dort kann man beobachten wie genau die richtige Menge Holz berechnet und um dessen Preis gefeilscht wird.  
Von der Dachterrasse aus können wir beobachten, wie die Affen von Dach zu Dach springen, Tauben dressiert werden und kleine Jungs am Nachmittag Papierdrachen von den Flachdächern aus steigen lassen.
Am frühen Morgen, wenn die Sonne aufgeht, schallt der Gesang vom Morgengebet am Ganges durch die sonst so lärmende Stadt und die ersten Menschen beginnen im Fluss ein Bad zu nehmen und dabei in einem ihre Kleidung zu waschen.
Wegen des Kumbh Mela sind viele Sadhus und andere heilige Babas angereist. Sie wohnen in einfachen aus Plastikplanen errichteten Zelten entlang der Ghats. Die Zelte sind mit bunten Decken ausgelegt und haben eine Feuerstelle. Die Sadhus sind nackte, mit Puder eingeriebene Asketen mit langen Dreadlocks. Sie verehren Shiva und verbringen allem Anschein nach den größten Teil ihrer Zeit damit Leute zu segnen und mit Chillums Charas zu rauchen. Dabei sind sie sehr gastfreundlich.
Claudius hat sich seinen Traum verwirklicht und sich eine Tabla gekauft und jeden Tag einige Stunden bei seinem Lehrer verbracht. Ich bin währenddessen durch die Stadt gestreunt, habe Joga gemacht – bei dem allerbesten Meister - oder bei den Babas am Ganges gechillt. 

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