Kumbh Mela
ist das größte religiöse Treffen weltweit. Die Massenbäder finden alle 12 Jahre
an verschiedenen Orten in Nordindien statt. Letztes Mal nahmen über 70
Millionen Hindus an dem Festival teil, womit es zur größten
Menschenzusammenkunft aller Zeiten wurde. In diesen Wochen ist es wieder
soweit.
Grund genug
die lange und beschwerliche Reise in den Norden anzutreten. Von Hampi sind wir
in einem Nachtbus nach Hyderabad gefahren. Da dort zwei Tage vorher ein
Bombenanschlag war, haben wir uns direkt in die zweite Klasse des nächsten Zugs
nach Nagpur gequetscht. Da die Sitze und der Boden besetzt waren, haben wir die
zehn folgenden Stunden oben auf den Gepäckablagen gehockt. Nach einer Nacht in
einem überteuerten und schäbigen Hotelzimmer in den dreckigen Hintergassen von
Nagpur, wo es außer zig Motorradgaragen und stark befahrenen Straßen nicht viel
zu sehen gibt, gings für 17 Stunden in dem nächsten Bus nach Allahabad.
Irgendwo auf diesem Weg, während dieser Stunden in den Bussen und Zügen, habe
ich angefangen Indien und die Menschen hier wirklich zu lieben.
Wir haben –
nicht zuletzt aufgrund der körperlichen Nähe, zu der einen diese Art zu reisen
zwingt - viele nette Bekanntschaften gemacht. Dass wir nicht die gleiche
Sprache sprechen, hat die wenigsten davon abgehalten sich unbeirrt und
ausgiebig auf Hindi oder einer der anderen Landessprachen mit uns zu
unterhalten J.
Am Sangam in
Allahabad, wo Ganges und Yamuna sich kreuzen, sind kilometerweit Zelte, kleine Geschäfte mit
allem Nötigen und kleine Restaurants aufgebaut worden. Millionen von Menschen
haben dort in den letzten Wochen gelebt um an diesem unvorstellbar riesigen, spirituellen
Festival teilzunehmen. Obwohl es eine religiöse Angelegenheit ist, herrscht
überall eine lockere, freudige Atmosphäre. Beim spirituellen Bad im Ganges
wurde viel gesungen, geplanscht und gespielt. Der Weg zum Ufer führte vorbei an
einer Schlange leprakranker Menschen, meist auf dreckigen Holzkarren mit
Rädern.
Der nächste
Halt war Varanasi, die heiligste Stadt Indiens! Millionen von Pilgern füllen
auch hier das Labyrinth schmaler Gassen in der Altstadt. Die Wege sind gesäumt
von hohen, alten Steinhäusern. In viele sind Nischen eingelassen, sodass es in
den schattigen Gassen an jeder Ecke brutzelt und brodelt. Chai und Lassis
werden in Tonkrügen serviert, was als besonders rein gilt, da sie nach einmaligem
Benutzen weggeschmissen werden – auf den Boden. Zwischen den Menschen tummeln
sich Hunde, Katzen, Kühe, Wasserbüffel und Ziegen. Dementsprechend ist auch der
Boden ziemlich zugeschissen, sodass man, wenn man in eine große Menschenmenge
gerät und sich nur noch eng aneinander gedrückt durch die Gassen bewegen kann,
schnell mal in einen Kuhfladen, Müllhaufen oder in eine Betel-Spuck-Pfütze
treten kann.
Unser
Guesthouse ist direkt hinter dem Manikarnika Ghat. Dieses Ghat ist besonders
beliebt zur Verbrennung der Toten. 24 Stunden am Tag brennen hier die Feuer.
Die Verstorbenen werden in Tücher gewickelt, auf Bambusstangen aufgebahrt und
schnellen Schritts zum Ghat eskortiert. Dort kann man beobachten wie genau die
richtige Menge Holz berechnet und um dessen Preis gefeilscht wird.
Von der
Dachterrasse aus können wir beobachten, wie die Affen von Dach zu Dach
springen, Tauben dressiert werden und kleine Jungs am Nachmittag Papierdrachen
von den Flachdächern aus steigen lassen.
Am frühen
Morgen, wenn die Sonne aufgeht, schallt der Gesang vom Morgengebet am Ganges
durch die sonst so lärmende Stadt und die ersten Menschen beginnen im Fluss ein
Bad zu nehmen und dabei in einem ihre Kleidung zu waschen.
Wegen des
Kumbh Mela sind viele Sadhus und andere heilige Babas angereist. Sie wohnen in
einfachen aus Plastikplanen errichteten Zelten entlang der Ghats. Die Zelte
sind mit bunten Decken ausgelegt und haben eine Feuerstelle. Die Sadhus sind
nackte, mit Puder eingeriebene Asketen mit langen Dreadlocks. Sie verehren
Shiva und verbringen allem Anschein nach den größten Teil ihrer Zeit damit
Leute zu segnen und mit Chillums Charas zu rauchen. Dabei sind sie sehr gastfreundlich.
Claudius hat
sich seinen Traum verwirklicht und sich eine Tabla gekauft und jeden Tag einige
Stunden bei seinem Lehrer verbracht. Ich bin währenddessen durch die Stadt
gestreunt, habe Joga gemacht – bei dem allerbesten Meister - oder bei den Babas
am Ganges gechillt.
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